„Durch Fehler fürs Leben lernen“ – was für die persönliche Entwicklung gilt, gilt noch mehr beim Fremdsprachenlernen. Allerdings ist in unserer Gesellschaft die Fehlerkultur nicht sehr entwickelt. Das Lernen in kleinen Gruppen kann Ängste und Hemmungen abbauen helfen.

In der Schule haben wir eher gelernt, uns zu tarnen und unser Nichtwissen zu verbergen – nach dem Motto „Lieber intelligent gucken als dumme Fragen stellen“. Wer will schon ausgelacht werden? Dabei sollte es andersherum sein: Lernende dürfen sich nicht scheuen, Fehler zu machen und sie sollten dafür gelobt werden.

In der Sprachdidaktik und -methodik spielen die Fehleranalyse, die Klassifizierung von Fehlern sowie die Fehlertherapie und -prophylaxe eine grosse Rolle. Verstösse gegen die Norm, sei es in der Orthografie, der Grammatik, Syntax (Satzlehre) oder Phonetik (Aussprachelehre), gehören zum Sprachenlernen. Sie sind jedem Lernenden schmerzhaft bekannt und ihm nicht selten peinlich.

Wenn jemand das Imperfekt von „kommen“ als „kommte“ bildet, wendet er eine Regel falsch an; er weiss nicht, dass „kommen“ unregelmässig gebildet wird. Andere Fehler wiederum entstehen durch den Einfluss fremder Sprachen, beispielsweise wenn jemand die Struktur einer Sprache auf eine andere überträgt. Im Beispiel „Zurück in Deutschland, habe ich studiert“ haben sich zwei Sprachen, Deutsch und Englisch, vermischt. Bei dem Fehler „Ich habe den Bus vermisst“ handelt es sich um einen grammatisch richtigen Satz, aber das Wort „miss“ hätte mit „verpasst“ übersetzt werden müssen. Und einen sogenannt pragmatischen Fehler begeht derjenige, der eine Person mit dem Satz anspricht: „Bist du Frau Müller?“. Hier weiss der englischsprachige Sprecher nicht, dass er gegen soziale Konventionen verstösst. Derartige Fehler können die Kommunikation erheblich stören.

Früher glaubte man, es reiche, zwei Sprachen miteinander zu vergleichen, um eventuelle Lernschwierigkeiten vorhersehen zu können. Damit liessen sich, so die Annahme, durch entsprechende Übungen und Regeln Fehler vermeiden. Das funktionierte in der Praxis jedoch nicht, manche Fehler wurden trotzdem gemacht. Es handelt sich dabei um entwicklungsbedingte Fehler, die ein bestimmtes Sprachlernstadium anzeigen. Lehrpersonen müssen sich also genau überlegen, wie sie mit den Fehlern ihrer Schüler umgehen wollen, damit diese dauerhaft vermieden werden.

Falsche Freunde

Zu häufigen Fehlern gehören die „falschen Freunde“. So bezeichnet man einige Wörter, die sich in zwei Sprachen sehr ähnlich sehen oder gleich anhören, aber dennoch Verschiedenes bedeuten. Das englische Verb „become“ heisst eben nicht „bekommen“ (get), sondern „werden“. Das englische „gift“ hat nichts mit dem deutschen „Gift“ zu tun, sondern meint „Geschenk“. Manchmal ist die direkte Übertragung nur teilweise falsch: „argument“ ist auch im Deutschen „das Argument“, aber nicht „der Streit“. Diese Liste liesse sich weiter fortsetzen.

Von Unterschieden und Gemeinsamkeiten

Die kontrastive Linguistik, ein Teilgebiet der Sprachwissenschaft, befasst sich mit den Unterschieden und Gemeinsamkeiten zweier oder mehrerer Sprachen. Anfangs waren die Sprachforscher der Ansicht, eine fremde Sprache lasse sich umso leichter lernen, je ähnlicher diese der Muttersprache sei; und umgekehrt: je unähnlicher umso schwerer. Eine Chinesin muss alles neu lernen: die Schrift, die Kultur wie auch das Sprachsystem, da hier kaum Gemeinsamkeiten bestehen. Ein Deutsch lernender Holländer dagegen wird Deutsch schnell verstehen. Während die Chinesin „unbelastet“ ist, wird der Holländer eher über vermeintliche Gemeinsamkeiten stolpern.

Neben den Lernschwierigkeiten, die zwei ähnliche Sprachen auslösen können, müssen beim Unterricht auch bewusste Vermeidungsstrategien der Lernenden berücksichtigt werden. Solche Strategien werden benutzt, wenn eine Struktur oder Form unbekannt ist: Kann sich jemand zum Beispiel den Unterschied zwischen „possibility“ und „opportunity“ nicht merken, verwendet er stets das Nomen „chance“, was zwar nicht falsch ist, aber eben nicht präzise. Es lassen sich also durch das Vergleichen zweier Sprachen keine Voraussagen darüber treffen, ob alle Lernenden die gleichen Schwierigkeiten haben werden. Allerdings kann man so erklären, warum Lernende bestimmte Fehler machen.

Dein Freund, der Fehler

Damit wird im Unterricht die Fehlerkultur wichtig. Gelten Fehler als Sünden, oder nennt man den Fehler einen Freund?

Richtig oder falsch? Wir lernen – auch durch Fehler.
Wer sich in unbekannte Sprachen wagt, macht Fehler. Unweigerlich. Und er soll sie machen dürfen. Damit ist nicht gemeint, immer wieder dieselben Fehler zu wiederholen, sondern neue, intelligente Fehler zu wagen. Die moderne Sprachmethode, die den Dialog als Grundlage hat, zwingt zum Sprechen. Weil man weiss, dass in kleinen Lerner-Gruppen die Sprechhemmung abgebaut werden kann, findet bei inlingua der Unterricht nur in kleinen Klassen von drei bis maximal sechs Personen statt. So können nationale und individuelle Eigenarten besser berücksichtigt werden, denn manche Völker reden aus Höflichkeit nicht viel, andere Lerner haben Angst davor, Fehler zu machen – diese „Schüchternen“ oder Ängstlichen gilt es hervorzulocken.